Donnerstag, 28. August 2014

Ein Mann im Glücksrausch.


Erinnert ihr euch an: Ein Mann, eine Liebe, ein einsames Leben ? Heute gibt es die Fortsetzung.

Er und seine alte Liebe - nennen wir sie Moni - schrieben sich regelmäßig Briefe bzw. vielmehr schrieb sie ihm. Bis er sich plötzlich ein Telefon kaufen wollte. Ganz euphorisch und begeistert. Die Bedienung des Gerätes fiel ihm erstaunlich leicht. Seitdem telefoniert er wie ein Weltmeister - auch mit mir. Rührend, wie mein sonst so verstummter Großonkel am Telefon erzählt - einfach so, ganz banale Dinge. Die Hauptgesprächszeit aber widmet er seiner Moni. Seit einem guten halben Jahr telefonieren beide dreimal täglich. Und auch wenn mir der Gesprächsinhalt unergründlich ist, so sind diese Telefonate zu seiner festen Tagesroutine und zu seinen Tageshöhepunkten geworden. Die gute Moni erteilt aus der Ferne hilfreiche Ratschläge, was mein Großonkel Gutes für sich tun soll - und er befolgt diese.

In Gesprächen mit meiner Oma kündete sie bereits vor einiger Zeit einen Besuch Ihrerseits an. Nachdem sich ihr Besuchswunsch nun konkretisierte, beschlichen mich die ersten Zweifel. Denn eine wesentliche Info war mir bis dahin entgangen: Moni, die in der anderen Ecke Deutschlands lebt, ist nämlich verheiratet. Was also will diese Frau hier? Alte "Freundschaften" beleben? Oder sich doch nochmal verlieben? Oder - und es sei mir verziehen, wenn ich hier (hoffentlich) total falsch liege - Geld? Dieser Gedanke weicht heute noch nicht von mir.

Nach einer langen Reise konnten sich beide vergangenen Samstag nach etlichen Jahrzehnten in die Arme schließen. Es soll ein herzliches Wiedersehen gewesen sein, hab ich mir sagen lassen. Und ein ebenfalls herzliches Miteinander seitdem. Meine Oma ist nicht nur von Moni ganz angetan, sondern auch von dem Umgang zwischen ihr und meinem Großonkel - so kenne meine Oma ihren Bruder gar nicht. Moni nimmt meinen Großonkel bei der Hand, sie spazieren, sie kaufen ein, sie kochen und backen, sie schwelgen bei einem Gläschen Wein in Erinnerungen. Sie scheinen eine tolle Zeit zu verleben, die insbesondere für meinen Großonkel einmalig ist. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich freue, dass ihm dieses Glück für fast zwei Wochen zuteil wird. Mögen die Tage bis zu ihrer Abreise unendlich sein. Damit mein Großonkel nach Jahren des Alleinseins und des Verstummens dieses große Glück und diese herzerwärmende Zeit noch ganz intensiv genießen kann.

Morgen darf ich Moni kennen lernen. Ich bin so gespannt und hoffe so sehr, dass mich letzte Zweifel verlassen.


Montag, 4. August 2014

roundabout.

Habe seit etwa zwei Wochen Ferien. Könnte mich freuen und glücklich schätzen. Immerhin ist dieses Jahr der Sommer gut. Und ich habe das erste Mal seit etwa 9 Monaten so richtig frei. Aber eben auch mental frei. Nix ach so wichtiges, worauf ich mich konzentrieren könnte. Da fühlt sich das Gedankenkarussel wieder angetrieben. "Ach komm, Flüsterkind, irgendwas haste. Dir tut doch irgendwas weh. Irgendein Problem finden wir schon." Haben wir. Zweifelsohne. Da darf man sich sogar eins aussuchen. Rein körperlich sind es gerade die Augen/Ohren/der Kopf. In der Prüfungsphase war ich vor Verspannung nahezu steif, hatte zweimal Flimmern in den Augen und nun verbleibt eine Andersartigkeit des Sehens mit Druckgefühl. Aber ich hab ja gelernt, nicht gleich zum Arzt zu rennen. Allerdings fühle ich mich mit ärztlicher Abklärung sicherer. Zudem hoffe und spekuliere ich drauf, dass ich mir das sowieso nur einbilde. Und das hochpushe. Mich reinkatapultiere in diesen Teufelskreis des in-sich-horchen. Es nervt einfach nur noch. Ich hätt' mich gern im Griff, würde zu gern normal mit Befindlichkeiten umgehen und nicht gleich ins Katastrophendenken geraten.

Die Psychohygiene verläuft seit einer Weile sporadisch. Momentan hätt' ich sie aber gern regelmäßiger. Zuletzt sind wir auf den Nenner gekommen, eine Traumatherapie zu beginnen bzw. Ansätze dessen anzuwenden. Meine Panik und mein Hypochonder-/Nosophobiker-/Wasauchimmer-Dasein sei gewissermaßen auf das Geburtserlebnis zurückzuführen. Finde ich nicht so abwegig. Ich habe auch nach fünf Jahren nicht vergessen, wie schlimm sich das anfühlte. Damit meine ich nicht nur die Schmerzen, sondern dieses Ausgeliefertsein. Nichts tun zu können. Es einfach ertragen. Grauselig.

Zu meinen Eltern könnte ich abermals Romane schreiben. Seit meinem BA haben wir sehr selten Kontakt - nachzulesen hier. Mich stört das irgendwie kaum, zumindest dann, wenn ich nichts höre und sehe. Gesehen haben wir uns aber anlässlich des Geburtstages vom (Stief-)Vater. Da war mir ja schon drei Tage vorher schlecht. Auch, weil wir ein recht kleiner Kreis waren und u. a. auch die Kackoma (=Stiefoma) zugegen war. Da zieh' ich mir rein automatisch den "Achjaichbinjagenausoverlogenwieihrundzeigeheutewietollichbin"-Schuh an. Verhaltensmuster und so. Meine Mutter und ich verfielen kurzzeitig in eine Art Gespräch, das mit einem Vorwurf begann: "Na du meldest dich ja auch nicht mehr." "Nö, du weißt ja auch warum." "Warum denn?" Böser Blick meinerseits. "Ich werd' euch doch nicht auf die Nerven gehen mit meinen Anrufen." "Genau, deswegen hab' ich ja so oft um Interesse deinerseits gebettelt, weil du mir letztlich damit auf die Nerven gehst. Kann hier ruhig jeder wissen, dass du dich nicht für uns interessiert - aber das interessiert hier ja auch niemanden." Spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich das Feindbild des Abends. Das verstärkte sich aber sicherlich, nachdem ich u. a. meinen (Stief-)Vater als bescheuert betitelte. Meine Tochter hat große Angst vor handtellergroßen Krabbelkäfern, so wie jener, um den sie dort einen Bogen machte. Wenn ein erwachsener Mann einem offensichtlich ängstlichem Kleinkind mit den Rufen "Schnell, er kommt hinterher. Schnell, lauf!" hinterherrennt, darf ich an der geistigen Fassung eines Solchen zweifeln. Zwei Minuten später saß ich mit weinendem Kind im Auto und war auf dem Heimweg. Diese Menschen sind unmöglich.

Habe heute meiner Oma (84) mein altes Netbook übergeben und ihr eine Kurzeinweisung gegeben. Sie wolle sich beschäftigen. Schreibmaschine konnte sie schon immer gut schreiben und außerdem ist dieses Internet doch so toll. Niedlich. Und ich bin sicher, sie hat den Dreh bald raus.
Seitdem sie ohnmächtig im Bad zusammenbrach und u. a. ein blaues Auge davon getragen hat, schaut meine Mutter recht regelmäßig bei ihr vorbei - so ca. einmal in zwei Wochen. Wundersam. Aber auch dabei sorgt sie für einen lebendigen Blutdruck meiner Oma. So erfuhr ich heute, dass meine Mutter von meiner Oma und meinem Großonkel mehr oder minder direkt 'verlangte', etwaiges Vermögen bereits jetzt an sie i. S. d.  Schenkung zu übergeben, um damit letztlich auch Steuern sparen zu können. Zudem würde dieses Vermögen ohnehin nicht von den potentiellen Erblassern benötigt. Außerdem solle meine Oma bedenken, dass das Erbe für eigene Kinder gedacht ist - und eben nicht für Enkelkinder. Sie würde auch mit meiner Oma und meinem Großonkel den Weg zum Notar antreten, denn ein handschriftliches Testament ohne Beurkundung sei ohnehin nicht wirksam. Nun, diese Äußerungen sind in rechtlicher Hinsicht ja von mehr als nur Dummheit geprägt. Viel schlimmer ist aber der Sinn & Zweck dieses Kasperletheaters. Ich kann nicht verstehen, wie jemand der eigenen Familie gegenüber so kriminell agieren kann? Diese Frau treibt mich in den Wahnsinn. Das war nicht das erste Mal. Bereits vor einiger Zeit warf sie meiner Oma vor, dass der Betrag, den sie mir zu meinem Auto dazu gegeben hat, von meinem Erbe abzuziehen und auf das von meiner Mutter und meinem Bruder draufzuschlagen sei. Es ist mir unbegreiflich, welche Gehirnwindung da falsch gepolt ist. Aber Geld war ja schon immer wichtiger als eigen Fleisch & Blut. Sieben Jahre, in denen ich bei meiner Oma lebte, hat sie sich das Kindergeld eingehamstert und uns lediglich etwa 80 EUR überwiesen.

Ich weiß manchmal gar nicht wohin mit meiner Ohnmacht, Wut, Traurigkeit, Resignation.