Dienstag, 20. November 2012

Der perfekte Chaot

Kennt ihr eigentlich Perfektionisten? Oder seid ihr gar selbst so Jemand?
Sind solche Menschen glücklich? Und sind sie tatsächlich so perfekt?

Kennt ihr konträr dazu Chaoten bzw. seid selbst ein Chaot?
Und, glücklich? Oder total versunken im Chaos?

Kennt ihr Chaos-Perfektionisten?
Ja, kennt ihr.
Mich.

Willkommen in meiner Welt.
Der zwanghafte Wille, perfekt sein zu wollen - in jeder Hinsicht.
Die bittere Tatsache, dass man total chaotisch ist - ebenfalls in jeder Hinsicht.

//Perfektion
Ich messe mich daran. Wenn ich etwas besonders gut mache, sodass ich Selbstkritiker damit zufrieden bin, fühle ich mich gut. Aber nicht nur die eigene Selbstschätzung, auch die Wertschätzung anderer verbinde ich damit. Bitte was soll auch jemand an meiner "normalen" Persönlichkeit toll finden? Deshalb muss was besonders Tolles her, wie eben eine Perfektionstat. Backen, basteln, kochen, dekorieren, Aussehen, saubere/ordentliche Wohnung, anderen  helfen ... um nur einige Beispiele zu nennen. Gleiches gilt für eigene studentische Leistungen: Ich bin mit einer 2,0 selten zufrieden. Ich brauch' ne 1 vorm Komma. Und wenn nicht kommt das beschämende Gefühl, dass das Ergebnis hätte besser sein können, wenn ich mich doch nur noch mehr angestrengt hätte. Und natürlich wird alles bisher Erreichte langweilig, weshalb man eigene Erfolge irgendwie übertrumphen muss. Fürs eigene Selbstwertgefühl, versteht sich.

Worin endet das? Richtig, in der Überforderung. Weil man ständig alles noch besser machen will/muss. Allein die Vorstellung, was man wie und in welcher Perfektion zu tun hat, erzeugt solch' immensen Druck, dass ich allein vom dran-denken völlig erschöpft bin.

//Chaos
Ist das Resultat des totalen Perfektionismus. Denn durch den Druck, etwas besonders gut zu machen, werde ich nervös und gerate teils in Zeitnot. Dann muss natürlich einiges schnell gehen und der Perfektionismus nur allein dem gewollten Ergebnis gewidmet werden. Resultat: pures Chaos, rund um mich herum. Das widerrum macht mich wuschig, weshalb ich mich noch mehr unter Druck setze... Endlosspirale. Ist ja auch typisch hier ;) Ein Blick in meine Küche nach dem Akt des Backens oder Kochens, ein Blick auf meinen Schreibtisch beim Lernen oder Basteln ist nur was für ganz Hartgesottene. So zum Hände über'm Kopf zusammenschlagen.  Tja, und was nach einer erschöpfenden Perfektionstat bleibt ist  das entstandene Chaos zu beseitigen, yeey! Dazu habe ich dann auch noch voll Lust, klar.

Ein Kontrast dazu bietet meine lazy-Seite.
Ich kann total faul und bequem sein. Tooootal! Und mal so richtig schön unperfekt. Aber so richtig richtig. Gut, teils gehört das Antriebslose ja zu mir, aber vordergründig ist das mein Ausgleich zum Perfektionismus. Zwar ist das nicht die beste Alternative, da somit nur mehr Chaos und dadurch dann und wann noch mehr Perfektionstrieb entsteht, aber zumindest ist es erstmal eine Alternative. Leider auch zu typisch für Perfektionisten.

Woher diese wahngesinnten Anwandlungen kommen, ist mir bewusst: Kindheit.
Gelobt wurde ich bei guten Leistungen nie, bei schlechten Leistungen wurde aber jedes Mal ein Hehl daraus gemacht. Logische Konsequenz: mache keine Fehler, erbringe keine schlechten Leistungen, sondern reiß dich zusammen und steigere deine Effizienz, damit du endlich dafür die Anerkennung bekommst. Hat zwar nie geklappt, aber das Muster ist erstmal drin. Und ähnlich läuft es auch heute noch: im Grunde perfektioniere ich viel, um Anerkennung zu erhalten, da ich meine, mit meiner Person als solches diese nicht zu erhalten. So ist die beste Übung zur Selbsthilfe, sich bewusst zu werden, welche positiven Seiten man an sich vorfindet. Dies ist übrigens meine Hausaufgabe zur nächsten Therapiestunde. Und ich kann euch sagen: an mir etwas gut zu finden, das ist noch schwerer, als den perfekten Chaot zu mimen.






1 Kommentar:

  1. Das kommt mir sehr bekannt vor. Oh mann, total, ich kann es spüren, ein echter Flashback.
    Ich hab auch lange mit dieser Diskrepanz gekämpft, mein Drang, perfekt zu sein, gegen meinen natürlichen Hang zum Chaos.
    Ich hatte immer totale Angst, den Perfektionismus zu reduzieren, in der Annahme, dass dann alles aus den Fugen gerät und Pferde anfangen, sich selbst zu fressen, Apokalypse und so, aber inzwischen hab ich es dank Therapie gut reduziert und genieße mein Leben als das was ich bin: ein Chaosmensch, der den Perfektionismus als Werkzeug und Motivation nutzt - von Zeit zu Zeit. Und es fühlt sich wirklich besser an.

    Soll ich dir eine mögliche Antwort für deine Hausaufgabe vorsagen? *flüster* Du bist total klug und reflektiert! Und das können beileibe nicht viele von sich behaupten.
    <3 Kiki

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